Mittwoch, 8. März 2017

Rezension: Die Töchter Allahs

Originaltitel: Nine Parts of Desire: The Hidden World of Islamic Women
Autor: Geraldine Brooks
Verlag: C. Bertelsmann, 1994
Seiten: 313
ISBN: 3570121720, 9783570121726
Bewertung:  




Ich habe das Buch zufällig in der Stadtbibliothek gesehen und mir nicht viel davon versprochen, als ich es auslieh. Der Titel klingt dramatisch. Er lässt auch sofort erkennen, worum es hier geht: Frauen in arabischen beziehungsweise muslimisch geprägten Ländern. Was für eine Überraschung! Aber darauf kann man auch kommen, wenn man sich das Cover etwas genauer anschaut. 
 Die Autorin Geraldine Brooks ist eine australische Journalistin und Schriftstellerin, die lange Zeit als Auslandskorrespondentin im Nahen Osten tätig war. Ihr Buch basiert auf ihren Erfahrungen mit muslimischen Frauen, die sie während dieser Zeit hatte. Sie beschreibt sowohl positive als auch negative Erlebnisse und erzählt von verschiedenen Frauenschicksalen. 
Zum besseren Verständnis des Buches erfährt der gute Leser gleich am Anfang, dass Brooks in Kairo für das Büro des Wall Street Journals arbeitete. Damals hatte sie eine Übersetzerin namens Sahar, eine junge Muslima, die sich gerne schminkte und eine eher westliche Denkweise hatte. Eines Tages erschien Sahar mit einem Hijab zur Arbeit und begann ohne Vorwarnung streng nach muslimischen Ideologien zu leben. Brooks wollte verstehen, warum Sahar plötzlich anfing nach einem Lebensmotto zu leben, das viele als frauenfeindlich bezeichnen würden (und das nicht ohne Grund). In Folge dessen reiste Brooks nach Ägypten, Eritrea, die arabischen Länder am Persischen Golf, Iran, Israel, Jordanien und Saudi Arabien und fing an dort mit den Frauen zu sprechen.
Eins vorneweg, ich habe das Buch nicht in Originalsprache, sondern nur die deutsche Übersetzung gelesen. Trotzdem sage ich ganz dreist, dass die Frau schreiben kann. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sie als Journalistin angefangen hat oder einfach nur Talent hat, aber sie schafft es den Leser wie nur wenige in ihren Bann zu ziehen.
Ich konnte mich stundenlang nicht vom Text losreißen und das Gelesene hat mich noch lange später beschäftigt. Brooks macht von Anfang an keinen Hehl daraus, wie sie dem Islam gesonnen ist. Negativ. Aber das weiß sie zu begründen und das verdammt gut. Logisch und mit Beispielen unterlegt. Besonders bei den Einzelschicksalen habe ich keine Ahnung, ob sie sich wirklich so ereignet haben. Ich war nicht dabei und das menschliche Gedächtnis ist sowieso trügerisch. Fest steht, dass diese Geschichten keineswegs unrealistisch sind. Irgendwo auf der Welt hat sich vielleicht nicht dieselbe, aber doch ähnliche Geschichte ereignet.
Jeder, der den Islam als eine fortschrittliche, feministische und keineswegs barbarische Religion betrachtet, wird an diesem Buch etwas auszusetzen finden. Ganz einfach, weil er der Autorin nicht zustimmt. Brooks beschreibt den Islam als Religion, der zwar nicht unbedingt frauenfeindliche Traditionen, sie jedoch übernimmt und nicht versucht zu unterbinden. Man denke nur an die grausame Beschneidung vieler junger Mädchen. Dabei ist es auch nicht so, dass die Autorin nur von unglücklichen Amerikanerinnen erzählt, die ihren Ehemännern folgten und jetzt nicht mehr heimkommen. Solche Fälle gibt es zuhauf. Nein, Brooks erzählt auch von glücklichen Ehepaaren mit glücklichen Kindern. Es erscheint einem manchmal fast, als würde sie dem Islam die Möglichkeit geben sich zu rechtfertigen. Pro und Contra Argumente.
Das Buch ist klug geschrieben. Die Autorin erwartet vom Leser bestimmte Vorkenntnisse und ein gewisses Maß an Intelligenz, was ich immer schätze. Sie liefert einen tiefen Einblick in die Welt des Islam und insbesondere seinem Umgang mit Frauen. Es ist eine wahre Flut aus Informationen, die auf einen zurollt. Selbstverständlich übertreibt Brooks in den Darstellungen mancher Frauen oder schmückt ihre Geschichten. Immerhin muss sie ein Buch verkaufen. Aber das ändert nichts daran, dass die Töchter Allahs eine informative und sehr interessant zu lesende Lektüre ist. Wahrscheinlich ist es sogar eines der besten und aufschlussreichsten Bücher zu diesem Thema.

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